Sophia (Robin solo) - May 19 '10: Weltruf, Kiel (DE)


Review
Robin Proper-Sheppard: Schmerzhaft schöner Blick auf die Welt
Das Oldschool-Mikrofon vorne auf der ansonsten noch leeren Bühne im Weltruf wirkte wie ein Requisit aus Robert Altman's Last Radio Show. Und das Retro-Aufnahmeding sollte an diesem Abend nicht nur gut aussehen, es erfüllte auch seinen Zweck. Robin Proper-Sheppard, Frontmann des britischen Bandprojektes Sophia, bezauberte nicht nur mehr als zwei Stunden lang mit Akustikversionen seiner Songs, sondern ließ das Konzert auch aufnehmen.
Das Tondokument - übrigens neben denen aus über 40 weiteren Städten - soll irgendwann nach der Tour zum kostenlosen Download bereitstehen. Wo und ab wann genau steht noch nicht fest.
Kurze Anweisung von Clubbetreiber Jens Lause: leise bitte, Getränkeverkauf nur in der Pause und bitte nicht so viel hin und her laufen. Vielleicht war das nicht mal nötig, denn schon als der erste Akkord erklingt und Proper-Sheppard seine butterzarte, sonore Stimme erhebt, ist der proppenvolle Saal, der auf Wunsch des Künstlers dann doch nicht bestuhlt ist, sowieso wie stumm abgetaucht in diesen düster-melancholischen Schönklang, in diese poetischen Songs mit dem verdunkelten, schmerzhaft schönen Blick auf die Welt.
Natürlich steht vor allem der aktuelle Longplayer There Are No Goodbyes heute im Mittelpunkt. „Übrigens das Album, das vor allem von gebrochenen Herzen handelt“, scherzt der Künstler noch selbstironisch - von Mr. Proper-Sheppard kennen wir ja doch nichts anderes. Heartbreak, Something oder der Titelsong des Albums, der gebürtige Kalifornier mit Wahlheimat in London schafft mit den entkleideten Versionen seiner Lieder eine zwingende, intime Stimmung. Und auch, wenn hier und da der Monitor zickt: Der Sound ist schlichtweg fantastisch.
Neben all dem funkelnden Schönklang changiert der Abend zwischen egozentrischer Nabelschau, entwaffnender Ehrlichkeit und Entertainment. Vielleicht kann jemand, der aus dem inneren Bedürfnis heraus solche traurigen Texte über das Leben, über Verlust und gebrochene Herzen schreiben muss, das alles nur mit eben diesem ganz speziellen Humor ertragen.
Zwei Highlights unter so vielen an diesem Abend sicher: I Left You , über eine Songlänge von extremer Reduktion zur Explosion getrieben, und das dem Wahlbriten scheinbar auf den Leib geschriebene What Have I Done von Anna Ternheim. Ein Konzert, das keine Wünsche offen ließ. Außer: Bitte schnell wiederkommen!
Karen Jahn, Kieler Nachrichten, 20/05/2010