Sophia - Mar. 9 ’04: Gebäude 9, Köln (D), with Jansen

Review 1
Endlich geschafft: Sophia auch in Köln ausverkauft! Der Schritt zur größeren Plattenfirma hat sich wohl doch ausgezahlt. Robin Proper-Sheppard begrüßte das Publikum aber zunächst mit einer jener Bemerkungen, derentwegen ihm zuweilen Arroganz unterstellt wird, die eigentlich aber seinem durch diverse diesbezügliche Erfahrungen geprägten zynischen Humor entsprungen sein dürften: "Nachdem jetzt 'Oh My Love' in den Charts ist, haben die Leute wohl alle bemerkt, dass Robin von The God Machine eine neue Gruppe namens Sophia hat und diese so eine Art traurige Musik macht", meinte er nämlich. Ein wenig Bitterkeit klang da schon mit, denn Sophia gibt's ja immerhin seit ein paar Jährchen.

Zum Vorspiel waren zunächst mal die Freunde von Jansen geladen: Auf dieser Tour angetreten mit einem Spar-Konzept, bestehend aus Vortänzer Markus Maria Jansen, Bassist Philip Lethen (mit Apple-Computer) und Alleinunterhalter Mr. Umbrella (Jansens wunderlichem Bühnen-Prop-Unikum). Dargeboten wurde ein buntes Potpourri aus alten und neuen Hits. So gab es z.B. auch die Premiere von Songs aus dem kommenden Album, das "Für 10 Euro Nasse Hunde" heißen wird. Letztlich funktionierte das alles ganz gut – wenngleich man sagen darf, dass eine Tonkonserve kein rechter Ersatz für die beiden Rest-Jansens ist. Und dass Markus es schaffte, auch seine Gretsch-Gitarre wie ein dem Klanguniversum der Jansens entsprungenes Trödelmarkt-Strammel-Instrument klingen zu lassen, verdient durchaus die Be- und Verwunderung auch gewiefter Gitarrenfreunde. Aber wie gesagt: Im Großen und Ganzen war's wieder prächtig kurzweilig und spaßig.

Spaßig waren Sophia dann natürlich nicht direkt. "Mit diesen Stücken begann meine Reise in die Traurigkeit", kündigte Robin "So Slow" vom Debüt-Album "Fixed Water" und "If Only" von "The Infinite Circle" an. Und dann gab's die besagte Reise in die Traurigkeit auch tatsächlich. Was nicht wirklich überraschend war, denn es ist ja letztlich immer die Stärke von Sophia gewesen, Emotionen dieser Art zu vertonen, ohne in vollkommene Depression abzugleiten, wie das bei vielen Bands passiert. Auch wenn Robin auf seine neue CD mit den lauten Stücken so stolz ist: Mit traurigen Balladen kann er so schnell nichts falsch machen. Beim Singen hält Robin die Augen stets geschlossen – was aber einen ganz einfachen Grund hat: "Auch wenn mir das kaum geglaubt wird", erklärte er uns das mal, "aber jedes einzelne Mal, wenn ich einen Song singe, stelle ich mir dabei die Personen und Umstände vor, um die es in den Songs geht." Und das sind meist unglückliche Umstände und allzuoft verstorbene Personen – was dann wieder einiges erklärt. Die Sache mit den Balladen nahm dann zuweilen extreme Formen an. Das eh schon elegische "Ship In The Sand" wurde z.B. vom Tempo her nochmals zurückgenommen, bis schließlich nur noch Robins nackte Stimme übrig blieb. Dies war mit Sicherheit der ergreifendste Moment des Abends, denn man konnte hier die buchstäbliche Stecknadel fallen hören. "Wenn du einen Song, der eh schon langsam ist dann noch mal langsamer spielst und keiner was sagt, dann machst du ja irgendwas richtig", freute sich Robin, "obwohl ich fast eingeschlafen bin, als ich die Solo-Passage sang..." Das war zwar ein wenig übertrieben, deutete aber an: Je weniger Sophia mit der musikalischen Gewalt flirteten, desto besser fluppte es. Das Problem ist dabei nur, dass das Flirten mit der musikalischen Gewalt ja halt nun mal auch irgendwo musikalisch Spaß macht und deshalb gab's auch diese Variante. Da war z.B. die brachiale Soundwand von "Desert Song #2" oder der rockende Refrain von "Within Without", bei dem vor allen Dingen Gitarrist und Toshack-Highway-Frontmann Adam Franklin brillierte. Und da waren natürlich auch die Zugaben, "The River Song" und "If A Change Is Gonna Come", bei denen sowohl Robin, wie auch Keyboarder Will Foster zur E-Gitarre griffen und das Ganze in einem mächtigen Soundsturm zum Kollaps brachten. Leider gehörte ausgerechnet "Oh My Love" aber nicht zu den Höhepunkten der lauten Sophia-Phase. Der Kollege, der zum Berliner Konzert dem guten Robin vorwarf, er habe bei dem Stück gegen die Melodielinie gesungen, hatte damit nicht ganz Unrecht. Mehr noch: Es war in Köln überhaupt keine Melodielinie zu erkennen, denn das Stück war für den Live-Vortrag schlicht falsch arrangiert. Will Foster wie auch Adam Franklin spielten bloß die perkussiven Begleit-Ornamente (obwohl für so was doch der mitgeführte Computer besser geeignet gewesen wäre) und Robin selber schaltete ziemlich unsympathisch zwischen verzerrter und cleaner akustischen Gitarre um. Letztlich sang er damit in einem lufteeren Raum, bei dem der Charakter des Songs tatsächlich verloren ging. Na ja – das war aber so ziemlich der einzige Ausfall – und wer weiß: Vielleicht sträubte sich ja gar das Unterbewusstsein des widerborstigen Independent-Künstlers, gerade den Hit in einer pflegeleichten Mitsing-Variante darzubieten? Letztlich "fehlte" bei diesem doch eher an der Historie orientierten Set eh die sonst übliche Betonung des aktuellen Albums. Entschädigen tat Robin hierfür dann mannigfach, indem er sich nämlich einen zweiten Zugabenblock leistete und hier solo und akustisch tatsächlich "Death Of A Salesman" und "Is It Any Wonder" darbot – wobei besonders ersteres für viele die erfreulichste Überraschung des Abends dargestellt haben dürfte. Fazit: Das war ein sehr gutes Sophia Konzert – nicht aber das Bestmögliche (siehe "De Nachten"). Allerdings musste man eine durchzechte Nacht mindernd in Rechnung stellen, wie Adam Franklin nach der Show zugab. Nun ja, schließlich sind auch berufsmäßige Melancholiker letztlich nur Menschen. An der Bühnenpräsenz von Robins Frisur gab's hingegen übrigens kaum etwas auszusetzen.
Ullrich Maurer, www. gaesteliste.de

Review 2
Gebäude9, Konzert, ausverkauft. Schon wieder. So schlecht scheint es der Musik doch gar nicht zu gehen, ist man geneigt zu denken, jedenfalls der Live-Sektor erfreut sich momentan höchster Beliebtheit. Im Gedächtnis sind da noch ganz andere Zeiten, als sich eine kleine, geneigte Publikumsschar auf die lokalen Gigs nicht minder guter Bands aufteilte und man den Künstlern gegenüber schon ein schlechtes Gewissen hatte wegen des so offensichtlichen Desinteresses. Diese Phase scheint zum Glück überwunden zu sein und man geht endlich wieder raus, um eine Band zu sehen und nicht bloß den DJ.

Wäre man gemein, könnte man die Vermutung anstellen, dass viele der Besucher des Sophia-Konzertes in den letzten Jahren keine DJ's mehr zu Gesicht bekommen haben, aber kaum etwas liegt mir ferner, als gemein zu sein und so sage ich besser, dass eine Menge treuer Fans Robin Proper-Sheppards aus God Machine- und frühen Sophia Zeiten angereist ist, um ihm und seiner 'neunen' Band die Ehre zu erweisen.

Zunächst aber heißt es, sich in Geduld zu üben, denn als Supportact stehen zwei Viertel von Jansen, dem neuen Projekt von Markus Maria Jansen, Ex-Sänger von M. Walking on the Water, auf der Bühne und geben mit Gitarre, Kontrabass, Beatbox und sich drehendem Lichterkettenschirm recht virtuos chansonesque Nummern zum Besten, die mal mehr, mal weniger zu gut zum Publikum durchdringen können. Der Unterhaltungswert des Auftrittes steigert sich aber beinahe von Song zu Song, so dass der Schlussapplaus die Grenze des Anstandsklatschens bei weitem überschreitet.

Dann aber der Hauptact. Den Anfang macht, nein, kein alter Hit, nicht die neue Single, keine vergessene B-Seite, sondern eine Ansage des Frontmanns, mit den Fragen, wer die Band schon länger kenne, wer nur wegen der Single auf sie aufmerksam wurde, und dass man sich nicht wundern solle, dass er eine 'neue' Band hat und nun langsame Songs spielt. Langsam und ruhig sind auch die Stichworte des Abends, denn nur ganz selten gönnt sich die Band, die sich keineswegs auf Stücke aus ihrem neuen Album konzentriert, Ausbrüche in Sachen Dynamik, diese aber dadurch umso mehr Gewicht und Bedeutung bekommen.

Ebenfalls fällt auf, wie wenig Bedeutung die Band scheinbar ihrer (Hit-)Single 'Oh My Love' beimisst, denn das auf der Platte so rührende Stück ist live die mit Abstand am lieblosesten dargebotene Nummer. Das bleibt aber die absolute Ausnahme, denn bei den anderen Songs, und auch in seinen Ansagen zeigt sich Mr. Proper-Sheppard sehr bewegt und lässt sich von einem Publikum mitreißen, dass an seinen Lippen klebt, jede Textzeile aufsaugt und in Momenten äußerster Stille keinen Räusper wagt. Solche Momente lassen sich ganz unbescheiden als groß bezeichnen und man ist stolz darauf, in einer Gruppe zu stehen, die dem Künstler so viel Interesse und Würdigung entgegen bringt.
Jeffrey Kubiak, Intro Magazine, 11/03/2004

Set list
so slow
if only
are you happy now
fool
ship in the sand
desert song no. 2
every day
oh my love
within without
woman
the sea
directionless
------------------
i left you
the river song
if a change is gonnna come...
------------------
death of a salesman (robin solo)
is it any wonder (robin solo)

Pic by Ullrich Maurer

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